26.10.2017 - Endlich zeigte mir mein Schwangerschaftstest zwei Striche an. An meinem 28. Geburtstag. Schwach, aber da. Bald stand der erste Untersuch beim Gynäkologen an. Alles war gut. ET war der 30.6.2018. Bitte nicht, dachte ich, denn der 1.7. ist unser Hochzeitstag und der soll auch UNSER Tag bleiben. Dennoch hätten wir unseren Schatz natürlich auch dann mit offenen Armen empfangen. Die Zeit verging, ich hatte eine komplikationslose Schwangerschaft, es ging mir super und auch bei unserem Baby gab es keine Auffälligkeiten. Am 1.7.2018, um ca. 20 Uhr kam dann ein leichtes Ziehen. Um 1 Uhr nachts kamen wir, mit regelmässigen Wehen, im Spital an. Die Zeiten, was, wie, wann, kann ich nicht mehr benennen. Irgendwann bekam ich eine PDA, die Fruchtblase wurde aufgestochen. Die Herztöne des Babys wurden schlechter. Ich muss dazu sagen, ich war und bin auch heute ein Mami, das nicht viel von Vorbereitung hält, es kommt sowieso anders. So ungefähr war ich auch auf die Geburt vorbereitet. Für mich war eins klar: Wenn es dem Baby schlecht geht, wird gehandelt. So erblickte unser Sohn am 2.7.2018 per Kaiserschnitt das Licht der Welt. Der erste Satz, an den ich mich erinnere, ist: «Nicht erschrecken.» Hatte es mich auch nicht, warum auch immer. Denn unser Sohn hatte eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte. Als ich zurück im Kreissaal war, kam eine auswärtige Kinderärztin dazu. Sie teilte mir bald mit, dass unser Sohn in ein anderes Krankenhaus verlegt wird. Die anwesende Hebamme hatte ihm Kolostrum in den Mund geträufelt, was von der Kinderärztin verpönt wurde. Völlig zu Unrecht, wie ich heute weiss. Unter all den Medikamenten, Eindrücken und Emotionen konnte ich nicht handeln. Am gleichen Abend wurde er abgeholt. Ich war wie in Trance und habe getan, was von mir verlangt wurde. Abpumpen, abpumpen und nochmals abpumpen. Mein Mann pendelte zwischen mir, unserem Sohn und zu Hause. Zwei Tage nach der Geburt fuhren wir dann zusammen in das andere Krankenhaus. Zwei Tage nach dem Kaiserschnitt wohlbemerkt und auf eigene Verantwortung. Ein Transport wurde abgelehnt. Nach einer seeehr langsamen und schmerzhaften Fahrt kamen wir im besagten Spital an. Da wurde ich aufgenommen, mein Sohn auf der Neonatologie. So leicht war es allerdings nicht. Mein Sohn war zwar da, ja, ich allerdings war nicht angemeldet. Nach Kaiserschnitt, in völligem Gefühlschaos und mit den vielen Infos, war ich komplett überfordert. Nachdem mein Sohn seine Gaumenplatte bekommen hatte, klappte es gut mit dem Trinken aus der Flasche. Das Zusammenspiel zwischen Neonatologie und Wöchnerinnenstation dagegen war für mich ganz und gar nicht zufriedenstellend. Ich hätte meinen Sohn zu mir nehmen dürfen. Zur Fütterung wurde aber verlangt, dass ich zurück in die Neonatologie gehe. Tag und Nacht. Ich gab mein Bestes. Ich war unter diesen Bedingungen jeweils nicht mal eine ganze Stunde am entsprechenden Ort. Die beiden Abteilungen lagen nicht gerade Tür an Tür. Jedes Mal wieder zehn Minuten auf den Lift warten, runter oder hoch fahren und das alles mit einer frischen Kaiserschnittwunde. Visite auf Station und gleichzeitig der Anruf, ich müsse auf die Neonatologie kommen, Aussagen wie «Hören Sie mir eigentlich zu?» - ich war am Ende! Auf der Station wurde ich entlassen, auf der Neonatologie hiess es, ich dürfe nicht gehen. Tja, ein Zimmer oder ein Bett hatte ich jetzt nicht mehr. Chaos pur. Wir fuhren nach Hause ohne Baby. Ein leeres schön hergerichtetes Zimmer begrüsste uns. Einen Tag später schon durften wir dann doch alle zusammen nach Hause und groovten uns in den Familienalltag ein. Nachdem wir bei der ersten Klinik Zweifel bekamen, wechselten wir kurz vor der ersten Operation (dem Lippenverschluss). Da waren wir happy. Wir fühlten uns gut aufgehoben, sicher und verstanden. Über die sozialen Medien, in denen ich mich dann zwischenzeitlich bewegte, lernte ich ein anderes Mami von einem betroffenen Kind kennen. Wie sich herausstellte, waren wir zur selben Zeit am selben Ort. Schade, dass uns niemand angeboten hat, sie kennenzulernen. Mittlerweile hat sich daraus eine schöne Freundschaft entwickelt und wir haben ein kleines Grüppli ins Leben gerufen, in welchem wir uns austauschen können. Dies empfinde ich als sehr wertvoll. Nach dem Lippenverschluss folgte der Weichgaumenverschluss mit 18 Monaten und der Hartgaumenverschluss mit 3.5 Jahren. Immer wieder aufs Neue eine Achterbahn der Gefühle. Die Nahrungsaufnahme war mittlerweile kein Thema mehr. Der Anfang mit Brei war «malerisch». Mit ein wenig Schalk musste auch unser Sohn lachen, wenn wieder mal eine Ladung Farbe aus der Nase kam und er so ein Kunstwerk an die Wand oder den Boden zauberte. Brei hatten wir im Griff. Dickflüssiges konnte er ohne Platte besser essen. Das war eine kurze Zeit. Bald fing er an, ganz normal und ohne jegliche Probleme vom Tisch zu essen. Bis 18 Monate mit offenem Gaumen. Ja, schön ist anders, aber es ist machbar. Dank super logopädischer Unterstützung spricht unser Sohn heute fehlerfrei und ist ein glückliches Kind mit einem Blitz ,,wie Harry Potter" an der Lippe.

Seit 6.5 Jahren begleitet mich dieser wundervolle Junge Tag für Tag durchs Leben. Ist es besser, vor der Geburt von der Spalte zu wissen? Ich weiss es nicht, beides hat für mich Vor- und Nachteile. Für mich ist er ein Wunder. An meinem Geburtstag wurde ich zum Mami. Geboren am 2.7 wie sein Urgrossmami, um 14:19 Uhr. Mein so toller Chef starb zwei Monate vorher um exakt die gleiche Zeit. Mein Vater durfte nach einer schweren Herzoperation an diesem Tag von der Reha nach Hause. Ein Wunder... eben nicht 0815♥️